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Das 32. Programm der "Brennesseln":

Alle Macht den Ratings

Text: Alfred Aigelsreiter Musik: Peter Siderits

"Alle Macht den Räten" hieß es zur Zeit der russischen Oktoberrevolution. Fast 100 Jahre später haben aber die Ratings das Sagen und der Tanz auf dem Vulkan geht hurtig weiter. Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst der Märkte. Die Banken laufen heiß, es kracht im Gebälk, aber die Gelddruckmaschinen rotieren weltweit auf Hochtouren.Es gibt derzeit nix, was nicht heruntergestuft wird. Politiker, Programme, Sparpläne, Parteien.

Bei uns steht demnächst ein Kreuzerl-Event – eine Wahl - vor der Tür, eine Wahl. Aber niemand interessiert sich dafür. Was bringen Wahlen, wenn wieder nur die üblichen üblen Postenmaximierer zur Disposition stehen? Egal.

Auch die österreichische Nationalphilosophie "Wir werden kan Richter brauchen" ist komplett fehl am Platz. Wir werden viele, sehr viele Richter brauchen, um den gelackten Karrieristen, angefütterten Klüngel-Bubis, Vertuschungskapazundern beim Redewettbewerb der Verschleierung Mores zu lehren. Auch den politischen Hütchenspielern, den Virtuosen des verbalen Leerlaufs und geistigen Mogelpackungen in den Parteien werden gehörig die Leviten gelesen.

Im neuen Programm der "Nesseln"wimmelt es von Absurditäten, penibel abgeschrieben von der Realität. Man wirft einen Blick in die Beletage einer Haftanstalt, betrachtet die einsitzenden straffälligen Nadelstreif-Sträflinge, beobachtet den unschuldsvermutetsten aller Säckelwarte und einen Fußballpräsidenten nach Gutsherrenart. Ein pannonischer Altgraf klopft sich den Gerichtsstaub aus dem Loden und lobbiert weiter zwischen Hochstand und Kaminfeuer.

Die Geronten flüchten in Scharen vor der Enkelgeneration, die ihnen die Sparbücher abtrotzen möchte. Anonyme Analphabeten besitzfleischen die Parkbänke, man siegt den Waffenhändler-Rap und Hellas tanzt den Schulden-Sirtaki, ein Frei-Maurer erklärt sein Dasein. Das Staatsschiff wankt, denn Reformen waren früher ein Sehnsuchtsversprechen, heutzutage kommt es einer Drohung gleich. Zwischendurch schauen die "Nesseln" den geistig insolventen Volksvertretern ausgiebigst aufs Maul, wenn sie eine Debatte mit Argumenten auf Nullniveau befeuern.

Fernab von jeglicher Comedy wird die packelnde und betakelnde Debakel-Crew im Lande wort- und pointenreich ins Visier genommen. Irgendjemand muß den Phrasenmüll ja wegräumen, den die Beschwichtigungsnihilisten, Demoskopen-Dummies und Sachzwangzwerge dem Lande hinterlassen.

Das machen die "Nesseln" sehr gerne, sie sisyphussen sich quasi durch die Republik und ihre Skandale, stets eine verbale Gemeinheit im Mundwinkel, sehr zum Gaudium des Publikums. "Sie haben schon Niveau ihre Beleidigungen, denn die Sprache ist ihre Waffe, ob in Prosa, Lyrik oder Liedform" schrieb die "Wiener Zeitung" über das letzte Programm.

Die "Brennesseln" sind: Alfred Aigelsreiter (Text), Robert Herret, Paul Peschka, Peter Siderits (Musik).